
Malerei
Ausstellung: 1. Oktober 2025 bis 1. Februar 2026
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag 9.00-12.00 und 13.30-17.00 (bitte im Sekretariat melden)
Während Theater- und Konzertaufführungen auch abends.
Kultur- und Kongresszentrum, Theater La Poste
Zur Ausstellung erscheint auch ein Katalog
La Poste-Platz 4CH-3930 Visp
Tel. +41 27 948 33 11
Pressetext: Die Leichtigkeit stiller Melancholie
Rittiner & Gomez und die Leichtigkeit stiller Melancholie
Das Kunstforum Oberwallis zeigt eine Ausstellung von Rittiner & Gomez.
Hinter der doppelten Signatur verbirgt sich Anton Rittiner.
Nathalie Benelli WB
Im Foyer des Theaters La Poste in Visp ist derzeit die Ausstellung von Rittiner & Gomez zu sehen – ein Name, hinter dem sich ein einziger Künstler verbirgt: Anton Rittiner aus Simplon Dorf.
Seit vielen Jahren arbeitet er unter dieser doppelten Signatur, die längst mehr als ein Pseudonym ist. Rittiner & Gomez – das sind zwei Haltungen, zwei Stimmen, zwei Blickwinkel auf dieselbe Welt.
Gomez ist eine fiktive Figur, ein Alter Ego, ein Gegenüber, das zugleich Distanz schafft
und Nähe erlaubt. «Einer von vielen Gründen, mit Gomez zu arbeiten, war, dass alle Arbeiten von mir von irgendjemand inspiriert sind und nicht wenige nur durch Zusammenarbeiten entstanden sind», erklärt Rittiner. «Lange hatte ich auch das Gefühl, meine Arbeiten schreien geradezu
nach mir. Da war und ist Distanz sehr willkommen, um weiterzukommen.» Und Gomez könne er alles überlassen, was ihm nicht gut liege. «Gomez schafft das.»
Die vom Kunstforum Oberwallis organisierte Ausstellung zeigt Arbeiten im
feinen Farbspektrum von Weiss, Blau und Schwarz, durchzogen von wenigen, zarten Pastelltönen. Menschen tauchen darin auf, klein, verloren, manchmal kaum mehr als eine Silhouette in weiter Landschaft. Die Szenerien erinnern an Inseln, Horizonte, Schneegrenzen, manchmal an die karge,
eindringliche Landschaft von Simplon Dorf, wo Rittiner aufgewachsen ist. Es sind Bilder
von grosser Ruhe, aber auch von Verlorenheit. Die Menschen darin scheinen unterwegs – ohne Ziel, ohne Kontakt zueinander.
Kommunikation und wie Menschen in Beziehung stehen
«Das Thema Kommunikation und wie Menschen zueinander in Beziehung stehen,
beschäftigt und verunsichert uns schon ein Leben lang», sagt der Künstler. Anton
Rittiner ist zusammen mit zehn Geschwistern aufgewachsen. «Als Kind habe ich mich trotz der Grossfamilie oft einsam, anders gefühlt. Das Thema Einsamkeit ist geblieben.»
In der Ausstellung im La Poste zeigt sich die Verbindung von Farbe und Komposition in leisen, aber eindringlichen Gesten. Die Farben sind reduziert, fast asketisch. Das Weiss atmet wie Nebel über den Flächen, öffnet sich ins Ungewisse, das Schwarz zieht Konturen, grenzt Menschen ab.
Die Menschen darin sind keine Porträts, keine Individuen – eher Figuren, die auf etwas Unsichtbares verweisen. Sie stehen in Räumen, die zugleich Landschaft und Innenwelt sind. Kommunikation findet selten statt, Begegnung bleibt angedeutet. Doch genau darin liegt die Spannung dieser Werke: im unausgesprochenen Zwischenraum.
«Meine Arbeiten sind gleichzeitig flüchtig und dauerhaft», sagt Rittiner. «Wir sind dauerhaft, flüchtig.» Dieser Satz könnte als Leitmotiv über der ganzen Ausstellung stehen. Denn Rittiner & Gomez sind unterwegs in Zwischenräumen – zwischen Realität und Fiktion, zwischen Sichtbarem und Gespürtem, zwischen dem Ich und dem Anderen.
Seine Kunst verweigert sich der schnellen Deutung. Sie lädt ein zum Verweilen, zum Hinschauen, zum Spüren. Vielleicht auch zum Mitdenken – mit Gomez, mit Rittiner, mit jenen vielen inneren Stimmen, die uns allen manchmal zuflüstern, wenn wir versuchen, die Welt zu verstehen.
Was Rittiner & Gomez gelingt, ist selten: Sie verbinden Tiefe mit Leichtigkeit. Die Arbeiten sind von stiller Melancholie durchzogen, doch nie schwer. Die Ausstellung im La Poste wirkt harmonisch, die Bilder könnte man als typische Rittiner &-Gomez Bilder bezeichnen. Doch Ölbilder sind bei Weitem nicht seine einzige Art, sich auszudrücken. Aktuell arbeitet er an farbigen Acrylbildern, und auch dreidimensionale Arbeiten gehören zum Schaffen. «Das eine ermöglicht das andere», sagt er.
Experimentieren und Scheitern ist erlaubt
Eine wichtige Rolle im Schaffen von Anton Rittiner spielt der Blog «Isla Volante» eine
Plattform zwischen Kunst, Literatur und digitaler Poesie, auf der Rittiner & Gomez
seit Jahren experimentieren. «Der Blog Isla Volante, der auch nur durch Gomez entstehen konnte, gibt uns eine grosse Freiheit. Wir können da machen, was wir wollen – keine Jury, keine Kuration, kein Anstehen für eine Veröffentlichung. Scheitern ist erlaubt.»
Das Digitale wird für ihn zur Bühne der Offenheit, nicht zur Flucht aus der Realität. Notizen, Zeichnungen, Texte – alles entsteht «organisch», wie er sagt. In dieser freien Form verschränken sich Bild und Sprache, Geste und Gedanke.
«Ich bewege mich zwischen bildender Kunst, Literatur und digitaler Poesie», erklärt Rittiner. «Die Worte kamen schleichend und ganz natürlich dazu, und wir merkten, dass viele Bilder ohne die Texte gar nie hätten entstehen können – und die Texte ohne Bilder sowieso nicht.»
Online, erzählt Rittiner, sei der Kontakt mit dem Publikum direkter als im Ausstellungsraum: «So gibt es Blogbesucher, die unsere Arbeit schon lange begleiten, kommentieren, unterstützen.»
Die digitale Nähe ersetzt dabei nicht die physische Begegnung – sie erweitert sie. Und so schliesst sich der Kreis: Die Ausstellung im La Poste bringt auch das, was digital gewachsen ist, in den realen Raum zurück.
Wer sich auf diese leisen, vielschichtigen Arbeiten einlässt, begegnet vielleicht nicht nur Rittiner & Gomez, sondern auch einem Stück von sich selbst – irgendwo zwischen Blau und Weiss, zwischen Wort und Schweigen.