Ausstellung „Hotel“ im Schloss Hünigen
Bettina Haldemann-Bürgi, Wochen-Zeitung
Die Ausstellung „Hotel“ umfasst 25 Impressionen, die alle einen flüchtigen Augenblick exakt festhalten. Dabei stehen die Hotelgäste im Mittelpunkt. Die Bilder sind wirklichkeitsnah gestaltet und erinnern zuweilen an Comic-Bilder. Ein Hauch von Melancholie überzieht viele Werke.
Die fröhlich-melancholische Tangomusik des Bandoneonisten Michael Zismann, der die Vernissage musikalisch umrahmte, ergänzte die Malereien auf ideale Weise. Wie die Musik vermitteln die Bilder leichte und wehmütige Stimmungen. Zu den leichteren ist etwa ein Gruppenbild zu zählen, auf dem einige Leute in Daunenjacken an der Wintersonne ihren Kaffee trinken. Zur zweiten Kategorie gehören die Bilder, welche vom Gefühl erzählen, nicht zu Hause zu sein. Rittiners Hotelzimmer, sauber und aufgeräumt, bereit für den nächsten Gast, strahlen gleichzeitig Unpersönlichkeit und Fremdheit aus.
Einsame Menschen
Auf vielen Bildern ist ein einziger Hotelgast abgebildet: Ein Geschäftsmann sitzt am entferntesten Ende einer langen Tischplatte oder eine Frau kauert auf einer Bettkante und dreht dem Betrachter den Rücken zu. Eine dramatische Szene zeigt eine Frau in einem Treppenhaus, das entschlossen in eine bestimmte Richtung steuert. Eher surreal ist das Bild, auf dem ein kräftiger Mann vor einem leeren Teller und einem geköpften Ei sitzt.
Der Maler versteht es, auf jedem Bild eine neue Szenerie einer Geschichte zu entwerfen. Auch wenn der Künstler versichert, er wolle „leichte“, unterhaltende Bilder machen – fällt auf, wie viele Menschen alleine sind. Ihre Einsamkeit wird verstärkt, indem der Maler sie vor einer grossen leeren Wand abbildet.
Rote Gemäldeserie
Stimmungen einzufangen und sie exakt mit wenigen Mitteln wiederzugeben, ist die Stärke des Künstlers. Für seine 25 Hotel-Bilder hat er einen einzigen Farbton gewählt. Die Farbe rot-orange verleiht den Bildern etwas Theatralisches. In unverfälschtem Walliserdialekt erklärt der Maler, dass die Hotelbar des Schlosses Hünigen ihn zu dieser Farbgebung inspiriert habe. Beim Malen sei ihm das Handwerk wichtig, er lege Wert darauf, genau zu arbeiten, definiert der Künstler sein Credo. Alle ausgestellten Werke besitzen das gleiche quadratische Format, was den Eindruck der Serie verstärkt.
Schillernder Künstlername
Hinter der Bezeichnung Rittiner & Gomez stehen nicht zwei Künstler, sondern ein einziger Mann: Anton Rittiner. Seit er sich den Künstlernamen „Gomez“ verpasst habe, wage er viel mehr, bemerkt der Maler zufrieden. Der neue Name beflügle ihn zu Experimenten, die er früher nicht gewagt hätte. So habe er sich im Hinblick auf die Ausstellung kurzerhand mit seiner Familie für ein paar Tage im Schloss eingemietet, um sich inspirieren zu lassen, erzählt der Künstler und gibt zu bedenken, dass die Ausstellung aus lauter neu geschaffenen Bildern bestehe. Die Farbe rot sei für ihn neu, gesteht Anton Rittiner, er male sonst in Grau- und Blautönen.
Anton Rittiner arbeitet auch als Webdesigner. Auf der Homepage des Künstlers stehen noch andere Berufsbezeichnungen wie Webbewohner, Zeichner, Kunstmaler. Auf die Frage, welche Berufsbezeichnung zu den ausgestellten Bildern passen würde, winkt Rittiner & Gomez lachend ab und erklärt bestimmt: „Ich nenne mich einen Bildermacher!“
Bettina Haldemann-Bürgi, Wochen-Zeitung
von Alexandra Jäggi
Kulturbeauftragte Schloss Hünigen
Mit seinem wachen Blick fängt Rittiner – oder ist es Gomez? Momentaufnahmen ein, die uns in der Hektik des Alltages oft verloren gehen. Wie ein Theaterscheinwerfer der einen Lichtkegel ins Dunkle der Bühne projiziert, richtet er unseren Blick auf das Wesentliche des Augenblickes. Setzt er neue Gewichtungen und öffnet uns die Augen für die Details. – So entstehen Geschichten, die er in den warmen Tönen des Herbstes erzählt. Inspiriert vom warmen Ocker unserer Schlossbar – auch das ein Beweis für die Aufmerksamkeit des Künstlers, der sich gerne von seiner Umwelt inspirieren lässt.
Die Malerei ist für den Künstler ein Mittel zum Zweck mit dem er die vielen Eindrücke, die Orte, Räume, Begegnungen, Augenblicke und zufällige Beobachtungen bei ihm auslösen, verarbeiten und weitergeben kann. Dabei ist Gomez, seit Ihrer Begegnung sein treuster Begleiter. – Doch dazu später mehr.
Anton Rittiner ist 1960 in Simplon Dorf geboren worden. Über seinen Beruf des Dekorationsgestalters ist er über die Schule für Gestaltung in Bern zur Kunstmalerei gekommen, hat sich an der schweizerischen Malschule und an der schweizerischen Informatikschule weitergebildet und so das Puzzle seines persönlichen Lebensbildes ständig mit neuen Teilen erweitert. Heute lebt er im Hondrich bei Spiez, zusammen mit seiner Tochter und seiner Frau. Im Fluss dieses Lebenslaufes ist Anton Rittiner auch seinem Gegenüber Gomez begegnet.
Gomez konnte heute Abend leider nicht persönlich an der Vernissage teilnehmen, da er bei der Überfahrt von der Insel aufs Festland in einen grossen Sturm gekommen ist, Schiffbruch erlitten hat und erst nach 48 Stunden herumtreiben auf hoher See geborgen werden konnte. Dabei hat er sich eine starke Erkältung zugezogen welche ihm weitere Reisen verunmöglichen. Er lässt sich aber entschuldigen und wünscht uns für die Vernissage der Gemeinschaftsausstellung alles Gute. Mit den Klängen des Bandoneons haben wir uns bereits der Welt des Gomez angenähert. – Einige Details aus seinem Lebensraum hat uns Gomez – via Internet aber doch noch geschickt, damit Sie sich einen Eindruck von diesem Künstler und seinem Universum machen können. Er lebt bekannt. – auf isla Volante – eine Insel zum Träumen, ca. 9130 ha gross, mit einer meist überhängenden 80 m hohen Steilküste. Im weiten Pazifik verloren und in keinem Atlas verzeichnet. Die ersten BewohnerInnen kamen erst 1983 auf die Insel – heute zählt die Isla Volante 5345 EinwohnerInnen, wobei sich die meisten um die um den Hafen an der Südseite scharen.
Hotel
von Anna Weizel
Hinter den beiden Namen Rittiner & Gomez steht ein Mann mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er der melancholische Künstler und Betrachter von Menschen und Objekten, andererseits ist er ein lustiger & lebensfroher Mann, der sich kaum getraut zu sagen, «es geht mir ausgezeichnet». Anton Rittiner, von dem kaum jemand imstande ist, seinen Namen richtig zu schreiben, legte sich den oder die beiden Künstlernamen Rittiner & Gomez zu, der Echte und der Witzige. Manchmal verschmelzen sie und manchmal stehen die beiden Künstler dem zu entstehenden Bild gegenüber. Der Witzige amüsiert sich, der Melancholische malt. Ein Kritiker bemerkte einmal, dass in seinen Bildern nichts Negatives sei. Das ist wahr, es sind sanfte liebevolle Werke, doch oft begegnet man der Einsamkeit. Anton Rittiner sieht auch in der Einsamkeit nichts Negatives. Es sind die ureigene Standhaftigkeit und Treue des Künstlers zu sich selber, die seinen Pinsel führen. Die Bilder wirken in sich still und friedlich. Seine Reisen führten ihn oft in Hotels. Belustigt denkt er an gleichgültige Rezeptionisten, übel riechende Bettüberwürfe und winzige Toilettenanlagen in Wandschränken zurück, das alles immer begleitet von diesem schalen, Gefühl, nicht zu Hause zu sein. Im Zusammenhang mit seiner Ausstellung auf Schloss Hünigen, das so vieles in ihm aufgewühlt und auch geheilt hat, entstand die Idee, seine Wahrnehmungen über Hotels festzuhalten. Zu sehen sind eine Reihe von Bildern, die unweigerlich die Gefühle hochkommen lassen, die uns so manches Hotel stillschweigend eingebrannt hat, gute wie weniger gute. Eine eindrückliche Ausstellung überzogen von dem leisen Schleier der rittinerischen Melancholie und dem sanften witzigen Lächeln von Gomez.
Kategorie: Ausstellung · Presse