Sommer 2011 Juni – Oktober
Eine andere Mystik, zeitgenössische Kunst in 5 Kapellen
Kuratoren Monique Rubin und Herbert Theler
Die Kunstvermittlung wurde unterstützt durch die Pfarrer und Theologen der verschiedenen Kirchgemeinde, so wie die engagierten Musiker.
In unseren Berglandschaften stehen viele Kapellen an ausgewählten und exponierten Standorten. Durch ihre einfachen Grundformen, ihre Schutz versprechende Massivität und karge Schmucklosigkeit im Äussern werden sie zu einem Symbol für die Stellung der Kirche und der Religion. Man braucht aber nicht besonders religiös zu sein, um nachvollziehen zu können, dass solch exponierte Orte auf die Menschen seit Jahrhunderten eine grosse Anziehungskraft ausüben, ihnen «heilig» sind.
Diese Tradition des Erstellens von Kapellen wurde aber in jüngerer Zeit kaum weitergeführt oder gar neu gedeutet. Hohe Metallgitter im Chorbogen zum Schutz der wertvollen Barockaltare und dem Volk zugekehrte Altartische sind die hauptsächlichsten Veränderungen, die diese Kapellen in den letzten Jahrzehnten erfahren haben.
Umso spannender ist darum das Projekt eine andere Mystik, das sich einreiht in den neuen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und sakralem Raum. In den Kapellen: Egga (Simplon Dorf), Burgspitz (Ried-Brig), Stockalperhof (Brig), Finnen (Eggerberg) und Theresienkapelle (Ausserberg) wurden acht Künstler beauftragt, mit ihrer Kunst dem Wanderer, dem Pilger, dem zufällig Vorbeikommenden etwas von dem mitzugeben, was uns heute «heilig» ist.
Kapelle Egga, Simplon Dorf
Rittiner&Gomez, Prozession
„Prozessionen, die nie so waren wie wir sie erlebten und die durch das Verblassen der Erinnerung noch mystischer werden“. Rittiner&Gomez aus Simplon Dorf nehmen Bezug zu den Prozessionen an katholischen Feiertagen, die heute noch genau wie früher stattfinden. Wobei der grosse Unterschied darin besteht, dass sie sich längst zu Touristenattraktionen entwickelt haben. Eine andere Art Prozession, ebenfalls sichtbar an Feiertagen, sind die Autos, die über den Simplonpass nach Süden pilgern. Nur hier hat sich der Spiess umgedreht, es pilgern die Touristen und die Betrachter sind die Einheimischen. Die Installation besteht aus einem Bild aus mehreren Tafeln, Öl auf Holz. Am Sonntag, 26. Juni, Segensonntag, begibt sich eine Prozession von Simplon Dorf zur Kapelle Egga.
Kapelle Burgspitz, Ried-Brig
Walter Willisch, Monique Rubin, Ahnen
Die Installation von Walter Willisch und Monique Rubin ist Zeugin einer vergangenen Religiosität, die Halt und Inhalt im Leben war. Die Kapelle Burgspitz ist ein viel besuchter Wallfahrtsort, hoch über dem Rhonetal, abgelegen der Hauptstrasse. Die Installation von Rubin-Willisch übernimmt die Elemente der barocken Altare: das Bild und das Ornament, in Form von vergrösserten Grafiken von Walter Willisch einerseits und überdimensionierte Rosenkränze, Gebetsketten aus Glas von Monique Rubin andrerseits. Am 28. Juni um 19 Uhr wird die Abendmesse auf dem Burgspitz von Pfarrer Rolf Kalbermatten gehalten. Frau Madeleine Kronig, Theologin, integriert die Installation in den Wortgottesdienst.
Virtuelle Kapelle Moosalpe, Hof des Stockalperschlosses, Brig
Dexter Maurer, Gautier Rebetez, Jordan Espagne
Die Pfarrei Törbel plante vor kurzem zusammen mit dem Architekten Mario Botta den Bau einer Kapelle auf der Moosalp, die der Mutter Teresa gewidmet sein sollte. Dieses Vorhaben wurde durch den Landschaftsschutz Schweiz verhindert. Der Ort ist ein lichter Wald mit knorrigen alten Lärchen, ein Kraft spendender «heiliger Hain».
Diese zwiespältige Situation auf der Moosalpe dient drei Studenten der Kunstschule EPAC aus Saxon als Grundlage für eine virtuelle Kapelle: Beginnend mit dem Kapitel Origines (woher wir kommen) über die Kapitel Architectures (wie wir unsere Welt gestalten) und Purification (was wesentlich ist) bis zum Kapitel Edification (was uns wieder aufrichtet) werden wir durch diese junge Kapelle geführt. In Kapellen hängt man seinen Gedanken und Sorgen nach, sucht Trost und Ruhe. Nach einer bestimmten Zeit verlässt man die Kapelle, das Tor schliesst sich und etwas geläutert kehrt man zurück zum Irdischen.
Gezeigt wird dieses Video Projekt im Hof des Stockalperschlosses in Brig zusammen mit der Ausstellung Imaginary Landscapes in der Galerie zur Matze.
Kapelle Finnen, Eggerberg
Herbert Theler, Kunst-Blumen
Die Kapelle, früher oft mit frischen Blumen vom Felde geschmückt, bietet uns Raum und Stille, sie lädt uns ein zum bitten, zum danken, zum weinen und zum singen. Der Künstler will diesem Ort etwas zurückschenken: Kunst und Blumen, Kunstblumen. Mit dieser Geste will der Künstler aber auch Bezug nehmen zu den Kunstblumen, die zur Zeit seiner Kindheit die Altäre und Friedhöfe im Wallis schmückten.
Seine mit Acryl bemalten transparenten Kunststofffolien vor dem Altar und über dem Chorbogen verhüllen das Altarbild, die Konturen der Figuren verschwimmen, man kann sie noch erahnen. Theler bringt damit die andere Mystik zur Geltung, die auch in tiefkatholischen Gegenden wie dem Wallis das traditionelle Bild von Gott abgelöst hat.
Beginn 26. Juni, Segensonntag, mit einer Feldmesse zelebriert von Pfarrer Rainer Pfammatter und musikalisch begleitet von Manuela Mutter, Jodel.
Theresienkapelle, Ausserberg
Eva-Maria Pfaffen, Rosen für Theresia
Die Theresienkapelle ist der hl Theresia von Lisieux gewidmet. Diese sah in den kleinen helfenden Gesten dass Alltags den Sinn ihres Lebens: „ Nach meinem Tod werde ich Rosen regnen lassen“. In einer Kunst-Prozession bringt die Künstlerin Eva-Maria Pfaffen ein Vlies aus Rosenblütenblättern zur Theresienkapelle und legt es vor den Altar der kleinen hl. Theresia. Die Prozession wird begleitet von der Vokalkünstlerin Agnes Hunger und dem Musiker Jimmy Gmür auf dem Akkordeon. Eingeladen sind alle Interessierten aus Kunst, Kultur und Kirche. Besammlung zur Kunst-Prozession: 10. Sept. 2011, 17h, in Ausserberg, auf dem Parkplatz vor der Sonnenhalde.
Kunstverein Oberwalls – Label Art