Interview by Jennifer Rodney
Warum Gomez?
Rittiner: Eine schwierige Frage, da mir da zu viele Antworten einfallen, auf alle Fälle brauche ich Gomez, damit ich nicht stehen bleibe und mit dem malen und zeichnen weiterkomme. Zudem wäre ich ohne ihn sehr einsam.
Warum Rittiner?
Gomez: Ich weiss es immer noch nicht, obwohl wir jetzt schon sieben Jahre zusammen arbeiten. Vielleicht merkten wir beide, dass wir zusammen viel weiter kommen können als alleine. Zudem ist es natürlich eine Herausforderung zu zweit etwas zu erarbeiten. Irrwege entdeckt man auch früher und kann dann wenden oder findet zu zweit besser hindurch.
Wie haben sie sich kennengelernt?
In einer Bar im Städtchen le Palais auf der Atlantikinsel Belle Ile.
Das erste aufeinander-treffen mit Rittiner war sehr prägend. An und in einer Bar mit viel zu lauter Musik redete der arme Mensch die ganze Nacht auf mich ein. Erstens war es viel zu laut und zweitens hätte ich seine Sprache sowie nicht verstanden. Aber es redete und redete aus ihm heraus und vor allem schien er ganz zufrieden und glücklich zu sein. Aus mir immer noch unerklärlichen Gründen haben wir am Schluss unsere Adressen ausgetauscht. Einen Monat später besuchte ich ihn in seinem Atelier und seither arbeiten wir zusammen. Seiner Meinung nach haben wir in der ersten Nacht alles besprochen, ich hatte zwar keine Ahnung, aber seither arbeiten wir zusammen.
Wie hat die Zusammenarbeiten, Ihre Annäherung zum Bilder machen geändert?
Ich muss oder darf nun Bilder und Projekte machen, die ich alleine gar nie in Angriff genommen hätte, zudem ist Gomez und seine Lebensgeschichte immer wieder eine Inspiration.
Ich hatte vorher noch gar nie ein Bild gemalt und auch nie gezeichnet, erstaunlicher weisse könnte ich mir heute nicht mehr vorstellen etwas anderes zu machen. Mich hat es aber bestimmt verändert.
Gibt es Konflikte zwischen ihnen und Gomez?
Selbstverständlich, vor allem muss mich Gomez immer wieder daran erinnern, beim Malen locker zu bleiben und irgendwann die Sache ruhen zu lassen.
Mit Rittiner ist es gar nicht so einfach zu streiten, er zieht sich sofort zurück. Die Frage wann ein Bild fertig ist oder nochmals überarbeitet wird, müssen wir immer wieder bereden. Für mich ist es wichtig, dass man den Entstehungsprozess eines Bildes noch sehen kann und Rittiner möchte am liebsten alle Arbeitsspuren beseitigen oder übermalen. Uneinig sind wir uns aber eher in Dingen, die nicht unsere Arbeit betreffen. Zum Beispiel sind wir uns immer noch nicht einig, ob getrocknete Datteln zu einem Espresso passen oder nicht.
„Ich wünsche, Gomez wäre mehr…“
Ich bin ganz zufrieden mit ihm, ich würde mich natürlich freuen, wenn er die ganze Öffentlichkeitsarbeit übernehmen würde, vor allem die Arbeit mit Galeristen und Presse.
„Ich wünsche, Rittiner wäre mehr…“
Entspannter und hätte mehr Vertrauen in unsere Arbeit
Was möchten Sie als Nächstes zusammen erarbeiten?
Irgendwie sehe ich in meinem Innern Bilder, die ich malen will. Ich weiss, dass ich die nur zusammen mit Gomez realisieren kann, weiss aber selber nur skizzenhaft wie die Bilder ausschauen sollten. Somit muss ich geduldig warten, bis mir Gomez erklärt, was ich gesehen habe.
Dass wir uns jeden Morgen unsere Träume erzählen und uns die nicht gemalten Bilder zeigen.
Rittiner, Sie haben an vielen Ort gewohnt, aber nie ausserhalb der Schweiz. Wollten Sie nie irgendwo anders leben, zum Beispiel auf der Isla Volante?
Zu meiner Überraschung musste ich im Verlauf meines Lebens feststellen, dass ich ein Patriot bin. Trotzdem hat für mich Heimat nichts mit Landesgrenzen zu tun. Ich fühle mich sehr schnell irgendwo zu Hause. Ich könnte mir sehr gut vorstellen in einem anderen Land oder auf einer Insel zu leben. Nur die Isla Volante müsste ich mir überall selber erarbeiten, selbst wenn ich auf Ihr wohnen würde.
Gomez, wie kommen Sie als Isla Volanter mit dem Leben und der Arbeit in der Schweiz zurecht? Was ist in der Schweiz, in Ihren Augen, positiv und was negativ?
Je länger ich hier bin stelle ich fest, dass die Menschen überall auf der Welt ähnlich sind. Überall gibt es sie, die Angenehmen, die Interessanten und die Ignoranten. Was mir aber auffällt, die Schweizer reden immer über das Wetter, das war auf der Insel viel weniger ein Thema, obwohl gerade der Wind für das Leben auf der Insel eine grosse Rolle spielt.
Die Schweizer wollen immer fleissig sein und stolpern dann noch in der Freizeit über Ihren Ehrgeiz. Da sie aber ihre Unsicherheiten mit Anstand und Höflichkeit wettmachen, sind sie im Grossen und Ganzen erträglich.
Was würden Sie mit Ihrer Zeit machen, wenn Sie kein Bildermacher wären?
Keine Ahnung, aber ich bin überzeugt, es würde mir nicht langweilig. Vielleicht wäre ich Fahrradmechaniker auf einer windigen, verregneten Insel. Dort würde es niemandem einfallen, Rad zu fahren.
Was würden Sie mit Ihrer Zeit machen, wenn Sie nicht Rittiner getroffen hätten?
Dann wollte ich Leuchtturmwärter auf der Isla Volante sein.
Die meisten von Ihren Arbeiten sind monochrom, aber wenn Sie Farbe benutzen, es ist sehr lebhaft. Was bedeutet Farbe für sie?
Farbe ist mir wichtig und ich weiss, dass sie auch Emotionen auslöst. Nur bei unseren Bildergeschichten würden sie oft stören und von der Geschichte ablenken. Gomez würde sagen, dass ich mit Farben total überfordert sei und wir deshalb auf die Farben verzichten müssen.
Ich versuche immer wieder Farbe in die Grundierung der Bilder hineinzubekommen. So ist sie ja in jedem Bild vorhanden, auch wenn sie nicht mehr sichtbar ist. Falls ich Rittiner und mich überzeugen könnte, würden wir bestimmt mehr Farbe verwenden.
Wie beeinflusst Ihre Umwelt Ihre Arbeit?
Die Landschaft prägte vor allem mich. Die Landschaften und Kulissen in unseren Bildern sind aber eher Orte, die mir zwar vertraut sind, aber die ich noch erforschen und kennenlernen möchte.
Wie viel beeinflusst Ihre Umwelt Ihre Arbeit? Sowohl die Landschaft von Ihrer Kindheit auf der Isla Volante, als Ihrer Umgebung hier in der Schweiz?
Für mich ist die Isla Volante und das Meer immer wieder ein Thema in der Malerei und zum Glück, teilt Rittiner diese Begeisterung mit mir. Die Landschaft, Städte und Dörfer der Schweiz, prägt mich und meine Arbeit, in den Bilder kommt vor allem die urbane Schweiz vor. Die Berge wollen wir uns vor allem für die Freizeit offen halten.
Von wo kommen die Leute in Ihren Gemälden/Zeichnungen? Sind sie von Leute inspiriert, die Sie wirklich kennen?
Die Menschen und Figuren können mir irgendwo begegnet sein, auf Reisen, auf einer Zugfahrt, in einem Restaurant. Zuerst halte ich sie in Skizzen fest, um sie später in unsere Bilder zu setzen. Natürlich kommen Menschen, die mir nahe sind, immer wieder in den Bildern vor. Und obwohl ich noch nie ein Selbstporträt gemalt hätte, ist es nicht möglich diesen Rittiner aus den Bildern fernzuhalten.
Aus der Erinnerung oder ich sehe ein Gesicht in einem Magazine, im Internet, irgendwo – flüchtig und schon wird es in ein Bild integriert. Je länger ich male, umso mehr stelle ich fest, dass ich auf Menschen und auf ihre Haltung aus meiner Kindheit zurückgreife.
Bevorzugte Zeit vom Tag zum Mahlen/zeichnen?
Als Bildermacher und Gewerkschaftsmitglied, am liebsten von 8 00h bis 12 00h und von 13 30h bis 17 00h.
Bitte beschreiben Sie Ihren künstlerischen Stil in ein paar Worten.
Mein Ziel ist es eine gemeinsame Handschrift mit Gomez zu erarbeiten. Selbstverständlich beeinflussen mich andere Arbeiten von Künstlern, ich versuche natürlich alles, was wir brauchen können, daraus zu lernen. Zur Zweit versuchen wir in unseren Bildern alles, was nur „gekünstelt“ ist wegzulassen.
Darüber habe ich mir noch gar nie Gedanken gemacht, denn ich weiss, ich kann nur mit Rittiner meine Bilder machen und wir müssen unsere eigenen Bilder und unseren eigenen Stil entwickeln.
Und den Stil von Gomez.
Da wir immer zusammen arbeiten, unterscheiden sich der „Stil“ eigentlich nicht, aber Gomez ist sicherlich die treibende Kraft, andere Wege zu beschreiten oder neue Projekte in Angriff zu nehmen.
Und den Stil von Rittiner
Am liebsten würde er, glaube ich nur noch schwarzweisse Bilder machen, den er versucht immer noch alles möglichst perfekt zu machen und so würde er schon von der endlosen und unlösbaren Frage der Farbwahl befreit.
Was ist eine die unerwartetsten Erfahrungen, die Sie in Ihrem Leben gemacht haben?
Dass ich bei meiner Arbeit als Bildermacher, über meinen eigenen Ehrgeiz erschrocken bin.
Dass ich, mit Rittiner zusammen arbeite und auf das Festland gezogen bin und dies, obwohl ich ihn kaum kannte.